Kultur und Religion

Eine Frau mit dem Rücken zu mir gewandt
Eine Frau mit dem Rücken zu mir gewandt

Religion

Staatlich anerkannt sind nur Muslime, Christen und Juden. 

Daneben gibt es noch rund 5700 
Bahais, etwa 150 Mormonen und verschiedene kleinere ägyptische Religionsgemeinschaften, die zum Teil von systematischer Unterdrückung und Verfolgung betroffen sind. 

Die Bahais, deren Institutionen 1960 durch ein Gesetz aufgelöst wurden, kämpfen um staatliche Anerkennung.

Muslime

Etwa 90 % der Einwohner Ägyptens bekennen sich zum sunnitischen Islam, Schiiten und Ahmadis haben zahlenmäßig nur eine sehr geringe Bedeutung.

Viele ägyptische Muslime gehören einem 
sufischen Orden an.

Besonders verbreitet sind die 
Schādhilīya, die Chalwatīya, die Badawīya und die Burhānīya.

Seit Ende der 1920er Jahre existiert in Ägypten mit der Muslimbruderschaft eine islamistische Massenbewegung, die zeitweise auch politisch sehr einflussreich war, aber immer wieder verboten wurde.

In den 1960er Jahren, als viele Muslimbrüder in den Gefängnissen einsaßen, kam es in ihren Kreisen zu einer Radikalisierung. 
Der Ideologe
 Sayyid Qutb entwickelte seine Theorie von der Dschāhilīya und erklärte alle Muslime die sich nicht an die Scharia hielten, für ungläubig

In den 1970er Jahren bildeten sich mehrere militant-islamistische Gruppen, die sich ideologisch an Sayyid Qutb orientierten und Terroranschläge begingen, so insbesondere
 at-Takfir wa-l-Higraal-Dschamāʿa al-islāmiyya und die Dschihad-Organisation

Einige Anhänger dieser Gruppen haben sich später der Terrororganisation 
al-Qaida angeschlossen, so zum Beispiel Aiman az-Zawahiri, der heute diese Organisation anführt. 
Eine vom Sinai aus operierende militant-islamistische Gruppe sind die 
Ansar Bait al-Maqdis, die sich im November 2014 dem Islamischen Staat (IS) angeschlossen haben.

Sichtbares Zeichen einer zunehmenden Islamisierung der Gesellschaft sind die immer häufiger zu sehenden tief verschleierten Frauen. 
Dies ist unter anderem auf den stärkeren Einfluss von konservativen Strömungen aus den Golfstaaten (verstärkt durch die Rückkehr von ägyptischen Wirtschaftsmigranten aus der Region) zurückzuführen. 

Noch in den 1990er Jahren war die Mehrheit der ägyptischen Frauen gänzlich unverschleiert.

 

Christen

Andere, neben der koptischen Kirche in Ägypten vertretene altorientalische Kirchen sind die Armenische Apostolische Kirche mit rund 15.000 Mitgliedern und die Syrisch-Orthodoxe Kirche mit lediglich rund 500 Mitgliedern.

Bis heute besteht die Griechisch-Orthodoxe Kirche von Alexandrien, die mehr als 200.000 Gläubige in Ägypten zählt.

Eine weitere orthodoxe Kirche mit Sitz in Ägypten ist die Orthodoxe Kirche am Sinai, der im Katharinenkloster und dessen Umgebung aber nur noch rund 50 Personen angehören.

Vor der 
Islamischen Expansion im 7. Jahrhundert war in Ägypten das Christentum die dominierende Religion; der Evangelist Markus soll in Ägypten schon um das Jahr 50 missioniert haben.

Heute findet man in 
Mittel- und Oberägypten (nicht selten in überwiegend christlichen Dörfern), aber auch in Kairo und Alexandria eine koptische Minderheit, die mit anderen Christen zwischen vier und 15 Prozent der Gesamtbevölkerung Ägyptens umfasst. 

Die staatlichen und kirchlichen 
Zahlenangaben differieren stark (nach offiziellen Angaben machen die Christen nicht mehr als sechs Prozent der Bevölkerung aus).
Die ägyptischen Christen sind von 
Diskriminierungen betroffen; nach der Revolution 2011 haben etwa 100.000 das Land verlassen.

Juden

Heute leben in Ägypten nur noch sehr wenige Juden.

1947 waren es 75.000, 1948 noch 66.000 Juden.

 

Infolge des ersten Arabisch-Israelischen Kriegs, der Sueskrise und des Sechstagekriegs wurden beinahe alle ägyptischen Einwohner jüdischen Glaubens ausgewiesen, vertrieben oder flohen.

 

Bis 1968 mussten fast alle ägyptischen Juden auswandern oder ins Ausland flüchten.

Seit 1979 der Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel abgeschlossen wurde, sind die Juden in Ägypten in ihrer Religionsfreiheit nicht mehr eingeschränkt, sie bilden aber nur  eine  Minderheit.

 

Bildung

Die Modernisierungen im Bildungswesen ist dringend erforderlich.

Jahrzehntelange Versäumnisse haben zu einer Stagnation im staatlichen Schulwesen geführt.


Das starke Bevölkerungswachstum und der damit einhergehende ständig steigende Bedarf an Bildungseinrichtungen stellt die ägyptische Regierung vor eine enorme Herausforderung.

Allgemeine Schulpflicht bei kostenlosem Unterricht besteht für 6- bis 12-Jährige.


Das derzeitige Schulsystem wurde 1952 eingeführt; ihm zufolge schließen sich an die Grundschule eine dreijährige Vorbereitungs- und eine dreijährige Sekundarschule an, darauf folgt die Hochschulausbildung.

In Ägypten stieg die mittlere Schulbesuchsdauer über 25-jähriger von 3,5 Jahren im Jahr 1990 auf 7,1 Jahre im Jahr 2015 an. Die aktuelle Schulbesuchserwartung beträgt bereits 13,1 Jahre.

Die Analphabetenrate betrug im Jahr 2015 etwa 26 %.
Ein Grund dafür liegt darin, dass auf einen Lehrer rund 50 Schüler kommen und weniger Mädchen als Jungen die Schule besuchen.

Ägypten ist zwar um die Förderung der Geschlechtergerechtigkeit in der Bildung bemüht – konkret, lässt sich dieser Versuch aber nicht mit Zahlen belegen.

 

Viele der eingeschulten Mädchen verlassen die Schulen frühzeitig, um im Haushalt zu helfen oder verheiratet zu werden. 
Aufgrund der geringen öffentlichen Bildungsausgaben hat sich in Ägypten ein wesentlicher privater Bildungssektor herausgebildet,

der aufgrund der Armut und der Gebühren aber nur einem kleinen Teil zur Verfügung steht. 


Von den zwölf Universitäten Ägyptens befinden sich fünf in Kairo. 
Eine Besonderheit stellt die Kairoer al-Azhar-Universität dar; sie ist seit 983 Zentrum islamischer Gelehrsamkeit.

 

Sprachen
Die Amtssprache ist Arabisch. 

Weiterhin gibt es die Sprache der Kopten (ägyptische Christen).

Sie nennt sich Ägyptisch-Koptisch oder Kemisch.

Sie gehört zum Zweig der afroasiatischen Sprachfamilie, zu der auch Hebräisch, Arabisch oder auch die Berbersprachen gehören.

 

Als lokale Muttersprache wird mehrheitlich Ägyptisch-Arabisch ein neuarabischer Dialekt gesprochen.

Schriftsprache ist jedoch seit der arabischen Eroberung im 7. Jahrhundert das Hocharabische, nur in der koptischen Kirche wird noch das Koptische verwendet, geschrieben.

 

Im Süden und in der Oase Charga sprechen viele Menschen Nubisch.

In der Oase Siwa spricht man noch eine Berbersprache, das sogenannte Siwi. Im Südosten gibt es auch Bedscha-Sprecher.

Außerdem gibt es rund 230.000 Domari-Sprecher – eine indoiranische Sprache.

 

Als Fremdsprache ist in der Oberschicht Französisch und in letzter Zeit vor allem Englisch verbreitet. Die wichtigsten Sprachen der europäischen Minderheiten waren Griechisch, Armenisch (Westarmenisch) und Italienisch

 

Ethnische Zusammensetzung

Der Großteil der Bevölkerung – etwa 91 % – sind die Nachkommen der alten Ägypter.

Sie wurden jedoch durch Einwanderung und Vermischungen mit der Zeit kulturell und sprachlich arabisiert.


Als unvermischte Nachfahren gelten die sesshaften und Ackerbau treibenden 
Fellachen und die christlichen Kopten, welche vorwiegend in Oberägypten und in den Städten leben.

 

Im Süden Ägyptens sind noch etwa 140.000 Nubier ansässig, eine größere Zahl lebt ebenfalls in den Städten. 

In der Libyschen Wüste lebten einst
 Berberstämme, von denen heute allerdings nur noch wenige in der Oase Siwa wohnen.

Daneben gibt es etwa 70.000 arabische Beduinen, welche nomadisch in den Wüsten des Landes leben.

Ferner leben in der Wüste östlich des Nils auch Bedscha-sprachige Nomaden.


Menschenrechte
Seit der demokratisch gewählte Präsident Mohamed Mursi 2013 abgesetzt wurde, hat sich die Menschenrechtslage in Ägypten verschlechtert. General Abd al-Fattah as-Sisi ist seit 2014 gewählter Präsident Ägyptens.

 

Exzessive Gewalt durch die Polizei oder das Militär werden nicht zur Verantwortung gezogen.
Kritiker/innen an der Regierung, führende Persönlichkeiten der Opposition sowie weitere politisch aktive Personen werden willkürlich festgenommen oder verschwinden. 

Die Meinungsäußerungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit sind stark eingeschränkt. Gegen kritische Journalisten werden lange Haftstrafen verhängt und in seltenen Fällen sogar die Todesstrafe. 

Insbesondere für Frauen und Mädchen ist die Menschenrechtssituation besorgniserregend.
Häusliche Gewalt ist nicht verboten, Kinderheirat und Beschneidungen von weiblichen Genitalien sind trotz des rechtlichen Verbots weit verbreitet und werden nicht geahndet. 


Frauen werden im Personenstandsrecht diskriminiert, auf der Straße häufig Opfer von sexueller Belästigung.

Auf der Sinai-Halbinsel bekämpfen die Armee und Sicherheitskräfte radikale Islamisten und Stammeskrieger. 
Religiöse Minderheiten sind nicht ausreichend geschützt und koptische Kirchen wurden vermehrt zu Zielen von Anschlägen. 

LGBT-Personen werden verhaftet und müssen Analuntersuchungen über sich ergehen lassen und sich vor Gericht wegen «Ausschweifung» mit Haftstrafen von bis zu sechs Jahren verantworten.

Die Gerichtsverfahren sind unfair. 

Militärgerichte führen Gerichtsverfahren für Zivilisten durch.
In den Hafteinrichtungen und auf Polizeistationen kam es zu Folter und sexuellem Missbrauch. Mehrere Personen starben in Obhut der Polizei. 
Es kam mehrmals zu außergerichtlichen Hinrichtungen durch die Polizei. 

Seit Juli 2013 wurden über 800 Todesurteile verhängt. Mehrere Personen wurden hingerichtet. Schwierig ist die Situation auch für Flüchtlinge.

In den letzten Jahren hat die ägyptische Regierung viele Migranten/-innen und Asylbewerber/innen ausgeschafft. Die Behörden gehen mit unnötiger Gewalt gegen Flüchtlinge vor.

 

(Stand vom Juli 2018/ Quellen: Human Rights Watch, Amnesty International, US State Dept.)

 

Armut 

 

Alle Arbeitnehmer sind sozialversichert; es gibt eine Kranken-, Alters- und Invalidenversicherung, die jedoch nur geringe Grundabsicherungen übernehmen.

Geleistet werden auch Hinterbliebenenrenten, Krankengeld und Arbeitslosenunterstützung.


Durch geringe Löhne und die Arbeitslosigkeit

(Arbeitslosenquote 2017 bei 11,9 % mit einer hohen verdeckten Arbeitslosigkeit)

müssen rund 20 % der Bevölkerung unter der Armutsgrenze von zwei US-Dollar pro Tag leben. 

Unabhängige Gewerkschaften werden unterdrückt, konnten aber nach mehreren Protesten 2010 ihr Recht zu einer offiziellen Gründung durchsetzen. 
Erschwerend kommt hinzu, dass von den einst drei Millionen ägyptischen Gastarbeitern im Ausland sehr viele wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sind – vor allem aus 
Kuwait und aus dem Irak. Generell lässt sich sagen, dass auf dem Land eine saisonale Arbeitslosigkeit typisch ist; in den Städten herrscht dagegen eher permanente Unterbeschäftigung. 

Die 
Inflation lag im gleichen Zeitraum bei 4,5 % im Durchschnitt.         

       
Kunst

Ägypten war eine der ersten Zivilisationen, der es gelang, Gestaltungselemente in Kunst und Architektur zu chiffrieren.

Die im Dienste der Pharaonegeschaffenen Wandmalereien folgten einem rigiden Code visueller Regeln und Bedeutungen. 

Die ägyptische Zivilisation ist weltweit berühmt für ihre gewaltigen 
Pyramiden, Tempel und Gräber. 
Zu den bekanntesten Beispielen gehören die
 Pyramide von Djoser,

welche von dem Architekten und Ingenieur Imhotep gestaltet wurde,

der Große Sphinx von Gizeh und der Tempel von Abu Simbel

Moderne und zeitgenössische ägyptische Kunst kann sich mit der weltweiten Kunstszene messen, von der funktionalen Architektur 
Hassan Fathys und Ramses Wissa Wassefs über Mahmoud Mokhtars Skulpturen bis zu den charakteristischen koptischen Ikonografien von Isaac Fanous.

 

Die Kairoer Oper fungiert als Hauptveranstaltungsort darstellender Künste in der Hauptstadt. 

Seit dem 19. Jahrhundert florieren Medien- und Kunstindustrie, im heutigen Ägypten 
gibt es mehr als dreißig Satellitensender und es werden etwa 100 Filme im Jahr produziert. 
Kairo ist auch bekannt als „Hollywood des nahen Ostens“; das jährlich stattfindende 
Cairo International Film Festival wurde als eines von elf Festivals weltweit durch die International Federation of Film Producers’ Associations mit einer Top-Class-Bewertung beurteilt. 

Ein bekannter ägyptischer Schauspieler ist 
Omar Sharif.

 

Die Literatur ist ein wichtiges Element des kulturellen Lebens in Ägypten; ägyptische Romanautoren und Poeten waren unter den ersten, die mit modernen Stilrichtungen der arabischen Literatur experimentierten. 
Die von ihnen entwickelten Formen wurden im ganzen Nahen Osten nachgeahmt.


Das erste moderne Buch in ägyptischer Umgangssprache „Zaynab“ von 
Muhammed Husayn Haykal wurde 1913 veröffentlicht. 

Salama Moussa
 kämpfte für die Vereinfachung der hocharabischen Literatursprache, die auch heute von vielen Menschen nicht verstanden wird. 
Sein Schüler, der Autor 
Nagib Mahfuz, war der erste arabischsprachige Autor, der den Nobelpreis für Literatur gewann. 

Zu den ägyptischen Schriftstellerinnen zählen 
Nawal El Saadawi, die für ihren feministischen Aktivismus sehr bekannt ist, und Alifa Rifaat, die unter anderem über Frauen und Tradition schreibt.

 

Landessprachliche Lyrik ist wahrscheinlich das unter den Ägyptern populärste Literaturgenre, die Gattung wird besonders durch Ahmed Fouad Negm (Fagumi), Salah Jaheen und Abdel Rahman el-Abnudi vertreten. 

In ihrem Glauben wurden Boote von den Toten verwendet, um die Sonne bei ihrem Weg um die Welt zu begleiten, der Himmel wird als „obere Gewässer“ bezeichnet. 
In der ägyptischen Mythologie greift der schlangenförmige Gott Apophis jede Nacht das Sonnenboot an, während es die Sonne (und somit die Ordnung) am Morgen zurück zum Königreich bringt.


Das Boot wird auch „Boot der Millionen genannt“, da alle Götter und Seelen der gesegneten Toten eines Tages gebraucht werden, um es zu verteidigen und zu steuern.

 

Musik und Tanz 

Die ägyptische Musik ist eine reiche Mischung indigener, mediterraner, afrikanischer und westlicher Elemente. 
Im alten Ägypten wurden vor allem Harfen und Flöten gespielt, darunter zwei 
einheimische Instrumente: die Nay und der Oud.

 
Perkussion und Vokalmusik sind schon immer ein wichtiger Teil der lokalen Musiktraditionen gewesen. 
Um 1970 nahm die Wichtigkeit der ägyptischen Popmusik für die Kultur immer weiter zu, während Folk weiterhin auf Hochzeiten und anderen Festlichkeiten gespielt wurde.

 

Sport

Fußball ist der Nationalsport Ägyptens.

 

 

 

 

                                                               (Quellen: Wikipedia, Auswärtiges Amt, Amnesty International, UNICEF, Terres de Femmes und Einheimische des Landes /Stand: 2019)